Paula Modersohn-Becker wurde am 8. Februar 1876 in Dresden geboren. Sie war die dritte Tochter von sieben Kindern in ihrer Familie. Ihr Vater war ein weit gereister Ingenieur, ihre Mutter entstammte einer Adelsfamilie. 1888 zog die Familie nach Bremen, der Vater war dort Baurat geworden. Die Mutter hatte viele Freunde in künstlerischen Kreisen, und bald erhielt Paula Becker mit 16 Jahren Kunstunterricht. Als junge Frau schloss sie eine Ausbildung im Lehrerinnenseminar ab, besuchte dann aber in Berlin eine Malschule für Künstlerinnen. An einer Kunstakademie durfte sie nicht studieren: Frauen hatten dort zu der Zeit noch keinen Zutritt. Im Sommer 1897 kam Paula Becker zum ersten Mal nach Worpswede und war von der Landschaft und dem Zauber des Ortes tief beeindruckt. Auch die Künstlergemeinschaft, die dort lebte und arbeitete, gefiel ihr. Schon ein Jahr später gehörte sie dazu. Unter anderem arbeitete Fritz Mackensen dort, bei dem sie zunächst Unterricht nahm, aber auch bei Otto Modersohn, Hans am Ende und Heinrich Vogeler. Unterbrochen von längeren Aufenthalten in der Künstlerwelt von Paris, blieb sie bis zu ihrem Tod in Worpswede. Sie war mit Malern und Bildhauern befreundet und auch mit den Dichtern Gerhardt Hauptmann und Rainer Maria Rilke.
Für sie war ihre schöpferische Arbeit das Ziel: „Ich werde noch etwas. Wie groß oder wie klein, das kann ich selbst nicht sagen, aber es wird etwas in sich Geschlossenes. Dieses unentwegte Brausen dem Ziele zu , das ist das Schönste im Leben.“
Im Mai 1901 heiratet die damals 25-jährige Paula Becker in Worpswede den Maler Otto Modersohn. Die Ehe bewahrt sie davor, sich ihren Lebensunterhalt in einem der wenigen Frauenberufe der Zeit verdienen zu müssen. Paula Modersohn-Becker versucht nun, ihre Pflichten als Hausfrau mit ihrer künstlerischen Arbeit zu vereinen. Sie malt aber nicht zu Hause, sondern in einem eigenen Atelier im Ort. Hier konnte sie ungestört arbeiten, lesen, nachdenken. In diesem kleinen Atelier entstanden zahlreiche Bilder, die Freunde und Verwandte erst nach ihrem Tod fanden und die große Bewunderung auslösten. Zu Lebzeiten konnte die Künstlerin nur fünf Bilder verkaufen. Bald orientierte sie sich eher an den Pariser Künstlern. Paula Modersohn-Becker begann, sich in der Ehe einsam zu fühlen. 1906 verließ sie Otto Modersohn und ging nach Paris. Auch in Paris ging es ihr seelisch kaum besser. In dieser Lebenskrise malte Paula Modersohn-Becker ihre heute berühmten, richtungsweisenden Bilder, versank jedoch in tiefer innerer Not. Finanziell unterstützte Otto Modersohn sie weiter.
Der Weg der Künstlerin Paula Modersohn-Becker ist alles andere als einfach.
Es entstanden Selbstbildnisse, die als die ersten Akt-Selbstdarstellungen der Kunstgeschichte gelten. Sie verstießen zu ihrer Zeit gegen jede Konvention. Im Frühjahr 1907 kehrte sie mit ihrem Mann nach Worpswede zurück. Im November starb Paula Modersohn-Becker nach der Geburt einer Tochter an einer Embolie. Nach dem Tod von Paula Modersohn-Becker sorgten Otto Modersohn und Heinrich Vogeler dafür, dass ihre Werke in Ausstellungen gezeigt wurden. Nun wurden die ersten Sammler auf sie aufmerksam und kauften ihre Bilder. Dazu gehörte der Kaffee-Unternehmer Ludwig Roselius, auf dessen Initiative das Paula Modersohn-Becker-Museum in Bremen entstand und im Jahr 1927 eröffnet wurde. In ihrem Leben hat sie nur fünf ihrer etwa 750 Gemälde verkauft.
Sie war eine Wegbereiterin des Expressionismus und die erste Künstlerin der Welt, der ein ganzes Museum gewidmet wurde.
Mit nur 31 Jahren endete tragisch ihre künstlerische Laufbahn. Sie war eine der kühnsten deutschen Künstlerinnen ihrer Epoche. Ihre unbedingte Hingabe an ihre Kunst widersprach völlig den weiblichen Verhaltensnormen ihrer Zeit. Doch ihr Wille war der Schlüssel zu ihrem Charakter und zu ihrer unfassbaren künstlerischen Leistung. Ihr Werk besteht aus Porträts, Kinderbildnissen, Landschaften, Stillleben und immer wieder Selbstporträts. Ihre bäuerlichen Szenen sind nicht romantisch, aber auch nicht anklagend. Sie mochte die einfachen Menschen, die sie malte, und war zudem an Form, Fläche und Konstruktion interessiert. Ihre Werke waren völlig anders als die der damals üblichen Malerei.
„Falsche Nächstenliebe lenkt ab vom großen Ziel.“ – Paula Modersohn-Becker
Gegen das Unverständnis der Männerwelt, den Widerstand der Familie, den Spott und Hohn der Kunstkritiker der Zeit malt Paula Modersohn-Becker unbeirrt ihre Bilder, sucht ihren Stil zu finden. Ausgehend vom expressiven Naturlyrismus der Jahrhundertwende gelangt die Künstlerin in ihren Bildern von bäuerlichen Frauen und Kindern, in Selbstbildnissen und Stillleben zu einer ausdrucksbetonten, großflächigen und farbig-expressiven Malerei, mit der sie die Bedeutung einer Wegbereiterin des deutschen Expressionismus erlangt.
Bis zum nächsten Mittwoch
Eure Antonia xx
Fotoquelle: Paula Modersohn-Becker Museum