Dinge zu hinterfragen, skeptisch zu betrachten oder Nachteile bis ins kleinste Detail zu diskutieren scheint ein großer Trend, insbesondere im Arbeitsleben, zu sein. Menschen, die eine gewisse Voreingenommenheit versprühen, wirken irgendwie clever und cool. Doch was steckt eigentlich hinter dieser Haltung?
Vor einigen Tagen besuchte ich für die La Donna Cannone ein Event zum Thema Frauenpower und Karriere. Kurz gefasst ging es darum, dass Männer und Frauen die Karriereleiter unterschiedlich besteigen. Zahlreiche Gründe wurden benannt, die ich schon X-Mal zu hören bekam: Frauen sind zu brav, Frauen sind zu fleißig! Männer sind selbstbewusst und können sich besser verkaufen! „Ohje“, dachte ich und fühlte mich plötzlich in der Opferrolle. Die Veranstaltung bekam allerdings schnell den konstruktiven Schwung mit dem Zauberwort „Personal Bias“!
Übersetzt bedeutet das etwas seltsam klingende Wort nichts weiter als Voreingenommenheit. Jeder Mensch trägt sie ganz natürlich und unbewusst mit sich. Sie ist allerdings in jedem unterschiedlich ausgeprägt und negativ ausgerichtet. Wer sein „Personal Bias“ allerdings bewusst mit sich führt, kann es steuern und gegebenenfalls mindern, um glücklicher durch´s Leben zu gehen. Das sagt zumindest die Fachlektüre. Aber wie genau sieht das nun in der Praxis aus und ganz besonders im beruflichen Alltag der Frau?
Ohne Vorbehalte an neue Aufgaben und Menschen heranzutreten, ist gar nicht so einfach. Und „kritisch eingestellt“ ist so schön bequem! Mit einer guten Portion Abwehrhaltung kann ich mir prima die Dinge „vom Hals schaffen“. Mit verschränkten Armen und kritischem Blick muss ich nicht mit der Kollegin sprechen, die mir irgendwie unangenehm erscheint. Aber kenne ich sie überhaupt?
Unbewusste Voreingenommenheit führt uns in berufliche Sackgassen! Mir entgehen wichtig Kontakte, Informationen und neue Herausforderungen, die mich im Job voranbringen. Das Feierabendbier unter männlichen Kollegen sollten auch wir Frauen etablieren! Denn gerade hier entstehen auf einer anderen Ebene Beziehungen, die bestenfalls zu beruflichen Empfehlungen werden.
Ab heute gehe ich ganz bewusst mit meinem „Personal Bias“ um. Ich konzentriere mich auf die Stärken meiner Kollegen, um sie konstruktiv mit meinen Aufgaben zu verbinden. Kleine Macken und Schwächen von Menschen nehme ich mit Gelassenheit hin – wer ist schon perfekt? Mein Arbeitsumfeld ist dadurch entspannter und harmonischer, meine Arbeitsweise effizienter. Und die Offenheit für neue Wege macht stark und selbstbewusst. Wo ich jedoch meine Grenzen erkenne, bleibe ich auch gern mal „kritisch eingestellt“ und pflege bewusst meine persönlichen Besonderheiten. Wie zum Beispiel im Supermarkt. Ich greife automatisch immer zu den braunen Eiern im Einkaufsregal! Über das „Warum“ denke ich nicht weiter nach!
Und wie geht’s Eurem „Personal Bias“ so?
Eure Viviane